Kreativer Schreibworkshop in Fort William: Eine inspirierende Erfahrung

Ich hatte viel Spaß, habe viel gelernt und neue Inspiration gewonnen. Eine Künstlerin wird allerdings nicht mehr aus mir, aber das war auch nicht die Aufgabe.

Den Workshop habe ich auf Social Media entdeckt. In Fort William. Wunderbar, dachte ich. Dann kann ich gleich noch einkaufen. Ich musste mich anmelden und bekam bald darauf die Betsätigung, dass ich dabei war. Die Teilnahme war kostenlos. Es wurde sogar Lunch angeboten. Beeindruckend, was Creative Scotland als Veranstalter anbot. 

Creative Scotland unterstützt Kultur und Kreativität in Schottland. Sie ist eine Entwicklungsorganisation, Geldgeber und Fürsprecher. Die öffentliche Einrichtung bietet Förderungen im kreativen Bereich an und wird von der schottischen Regierung finanziert. (Quelle: https://www.creativescotland.com/)

Im Nevis Centre, einem Multifunktionsgebäude, das ich bisher nur von Corona-Impfungen kannte, hatten Morag und Mairead Tische aufgebaut, auf denen allerlei Utensilien angeboten wurden, mit denen man malen, zeichnen, kleben und schneiden konnte – buntes Papier, Kohlestifte, Treibholz, Stoffe, Zeitschriften. Ein Festival an Farben und Möglichkeiten. 

Die Teilnehmerinnen waren ausschließlich Frauen, nicht mehr als eine Handvoll. Am Vormittag standen Schreibübungen auf dem Programm, am Nachmittag wurde das Schriftliche mit dem Kreativen verbunden. Für mich eine ganz neue Erfahrung, die sehr viel Spaß gemacht hat. 

Jede Teilnehmerin hatten ein Artefakt mitgebracht. Ich eine Muschel vom Strand in Sandig, dem Ort an dem Gavin Maxwell gelebt hat und in „Schatten über Skiary“ meine erste Leiche an Land gespült wurde. Aus den Schreibübungen habe ich viel für mein eigenes Schreiben mitgenommen: Wie schmeckt eine Muschel? Wie riecht sie? Wie fühlt sie sich an? Die Erinnerung, die anderen Sinnen beim Schreiben nicht zu vernachlässigen, wird mir bleiben. 

Leider habe ich keine Begabung zu malen oder zu Zeichen und trotzdem hatte ich Spaß. Wie kann man einen Efeuzweig blind und mit links malen? Man kann, irgendwie. 

Am Ende suchten wir uns ein Foto und ein Zitat aus und schrieben in einer Viertelstunde eine kleine Geschichte – Inspiration für etwas Längeres. Definitiv.

So viele spannende Dinge sind passiert an einem ganzen Tag mit vielen wunderbaren Frauen. Leider schrieb keine von ihnen, einige dachten darüber nach. Ich hatte gehofft, andere Schriftsteller der Region zu treffen, um mich mit ihnen über ihre Erfahrungen auszutauschen. Das war leider nicht der Fall. Schade. Aber vielleicht klappt es beim nächsten Mal. 

Falls jemand, der auch in Schottland lebt und schreibt, diesen Blog liest – melde dich. Ich würde mich sehr gerne austauschen.

Thank you Morag & Mairead @CreativeScotland

Virginia Erkenbach

Einen Raum für sich allein

Virginia Woolfs Zitat „A woman must have money and a room of her own if she is to write fiction“ aus ihrem Essay „A Room of One’s Own“ ist ein berühmtes Statement, das weit über die Literatur hinausreicht. Es drückt die Notwendigkeit aus, dass Frauen Raum, sowohl physisch als auch finanziell, benötigen, um ihr volles Potenzial zu entfalten. Diese Worte sind zu einem Symbol für die Befreiung der Frauen geworden, nicht nur im Schreiben, sondern in allen Bereichen des Lebens. Sie erinnern uns daran, dass Selbstbestimmung und Unabhängigkeit grundlegende Bedürfnisse sind, die Frauen ermöglichen, ihre Träume zu verfolgen und ihre Stimmen zu erheben. Woolfs Zitat erinnert daran, dass jede Frau das Recht hat, ihren eigenen Raum zu beanspruchen und ihre Geschichte zu erzählen.

Ich habe diesen Raum. Ich erzähle Geschichten. Ich habe eine Schreibhütte und sie ist mir der liebste Ort der Welt. Doch dieser Raum ist nur gegeben, wenn andere ihn respektieren. Erwachsenen kann man das erklären, mache verstehen es, bei Kindern ist es schwieriger. Auch bei einem selbst. Wie kann man sich guten Gewissens von den sozialen Zwängen die Familie und Freunde einem auferlegen zurückziehen? Wir geht man „zur Arbeit“, wenn man doch im garten in der Hütte ist? Es ist schwer und schlechtes Gewissen stört Konzentration und Kreativität. Die Bedürfnisse der anderen schränken unsere Freiheit ein.

Ein Auto für sich allein

Hier in den Highlands gehört zur Freiheit der eigenen Entscheidungen und zur Unabhängigkeit von den Entscheidungen anderer ein Auto. Es nimmt eine zentrale Bedeutung ein, die weit über die bloße Fortbewegung hinausgeht. Es ist nicht nur ein Transportmittel, sondern auch ein Symbol für Unabhängigkeit und Flexibilität. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist Vorankommen schwierig bis unmöglich. Soziale Kontakte, Veranstaltungen, Weiterbildung, Versorgung, nichts geht ohne Auto, die Liste ist endlos. In den letzten Jahren habe ich das Auto des Mannes benutzt und das ging problemlos, da er für die Arbeit einen Dienstwagen nimmt. Den kann er allerdings nicht privat nutzen und ich darf nicht mitfahren. Aber ein Auto für uns zwei sollte reichen, dachten wir. Nun, wir lagen falsch, denn das Auto wird z.B. benötigt, wann immer der Mann zum Babysitten erklärt wird, was inzwischen sehr häufig und meist sehr spontan geschieht. Dann sind alle meine Pläne hinfällig: kein eigenes Auto, kein eigener Raum, keine eigenen Entscheidungen. Ich muss recherchieren, Deadlines einhalten, Marketingpläne bei Neuveröffentlichungen erfüllen. Um die Kontrolle über mein Leben und mein Schreiben zurückzugewinnen, brauche ich ein Auto.

Zum Zug kommen

Ich schaue mich um und prüfe Optionen. Dann entscheide ich mich für die nächsten zwei Monate für einen Mietwagen, den ich in Inverness am Flughafen abholen kann. Leider gibt es keine billigen mehr. Die Kleinwagen sind alle weg. Es ist Saison und die Touristen fahren die Fiat 500s im Angebot. Also gehe ich eine Klasse höher. Aber wie komme ich zur Abholung? Mit dem Bus (2x umsteigen) sind es £27 für eine Fahrt, mit dem Zug (1x umsteigen) nur £17. Ich nehme also den Zug und der Mann fährt mich am Morgen um 9 Uhr nach Kyle of Lochalsh. Ich muss zwar 3 Stunden warten aber die Sonne scheint, wir gehen gemeinsam frühstücken und ich genieße den warmen Vormittag mit Blick aufs Meer.

Die Zugreise von Kyle of Lochalsh nach Inverness bietet eine atemberaubende Fahrt durch einige der schönsten Landschaften Schottlands. Die Strecke führt entlang der Nordwestküste Schottlands und bietet spektakuläre Ausblicke auf majestätische Berge, ruhige Seen und weites Moor. Die Tickets stecken über dem Sitz fest und der Zug ist sauber, die Toiletten funktionieren und er ist höchstens zu einem Drittel besetzt.

Die Reise beginnt in Kyle of Lochalsh, einem Hafenort am Ufer des Loch Alsh, von wo aus der Zug gemütlich durch die Highlands fährt, wenn er nicht gerade an einem der vielen Bahnhöfe hält. Manche sind immer im Programm, an anderen wird nur gehalten, wenn man Bescheid gibt oder jemand am Bahnsteig steht. Während der Fahrt hat man herrliche Blick auf die Insel Skye. Die Strecke führt weiter durch die raue und unberührte Landschaft der Highlands.

In Inverness habe ich eine Weile Aufenthalt, bis der nächste Zug mich Richtung Flughafen mitnimmt. Man verlässt den Bahnsteig und geht auch nicht auf den nächsten, bevor die elektronischen Zugangssperren es zulassen. Alle Züge sind pünktlich, keiner drängt auf dem Bahnsteig und man kann sich mit einen leckeren Kaffee die Zeit vertreiben. Um 15:45 Uhr komme ich am Flughafen an und habe nun eine Wanderung rund ums Rollfeld vor mir, bevor ich am Flughafen den Wagen abholen kann. Dort haben die Damen mit den schönen Fingernägeln etwas Mühe mit meiner Buchung, aber zu dritt schaffen sie es schließlich und um 16:30 Uhr bin ich für die kkpmmenden zwei Monate stolze Fahrerin eines MG.

Auf der Heimfahrt scheint die Sonne. Ich bin frei und unabhängig und sende, bevor ich Gas gebe, respektvolle Grüße an an meine Schwester im Geiste: I feel what you mean, Virginia Woolf!

Schottland für die Ohren

In freundlicher Zusammenarbeit mit Audible

Schottland lädt zum Träumen ein und hat schon manch einen Schriftsteller zu literarischen Höhenflügen inspiriert. Zu den Klassikern, die in Schottland spielen, gehören Virginia Woolfs „Die Fahrt zum Leuchtturm“ sowie „Waverley“ von Sir Walter Scott. Und da wäre natürlich das Theaterstück „Macbeth“ von William Shakespeare, durch das der Mythos um die verwunschenen schottischen Highlands weiterlebt.

Statt ein Buch über Schottland zu lesen, kann man sich auch mit einem Hörbuch in die faszinierende Welt der Highlands und Lowlands entführen lassen. Eine gute Anlaufstelle hierfür wäre Audible. Die große Auswahl an Romanen, Reiseberichten, Thrillern und Sachbüchern sorgt dafür, dass für jeden etwas Passendes dabei ist. Schottland dient als Schauplatz für zahlreiche Romane klassischer und zeitgenössischer Autoren. Auch die historischen Ereignisse, die Schottland so interessant und vielfältig machen, liefern eine bunte Kulisse zu einer temporeichen Handlung.

Welche Autorinnen und Autoren haben über Schottland geschrieben?

Viele gebürtige Schottinnen und Schotten haben sich die Einzigartigkeit ihrer Heimat zunutze gemacht. In seinem Roman „The Crow Road“ schildert der schottische Schriftsteller Iain Banks die Erlebnisse des heranwachsenden Prentice McHoan, während Irvine Welsh mit „Trainspotting“ ein echtes Meisterwerk gelungen ist. Beide Romane leben vom Lokalkolorit und den atmosphärischen Beschreibungen der schottischen Provinz sowie der Großstädte Edinburgh und Glasgow. Geht man etwas weiter in die Vergangenheit zurück, trifft man auf Robert Burns, der oft als Nationaldichter Schottlands bezeichnet wird. Bis heute wird der Geburtstag des Dichters am 25. Januar in ganz Schottland gefeiert.

Die schönsten Hörbücher für echte Schottland-Fans

Egal, ob man etwas mehr über Schottland erfahren oder einfach in die einzigartige Atmosphäre des Landes eintauchen möchte: Die Vielfalt an Hörbüchern ist riesig. Mit „Reise durch Schottland“ von Kai Schwind begibt man sich auf eine einmalige Reise durch das Land der Glens und der Clans. Die Hörreise beginnt in Edinburgh und führt Hörerinnen und Hörer in die Highlands zu den malerischen Landschaften und Schlössern. Natürlich steht auch ein Abstecher zum Loch Ness auf dem Programm: Vielleicht lässt sich endlich Nessie, das sagenumwoben Seeungeheuer, blicken. Die Reise endet in Glasgow, wo die bunte Musikszene der Stadt vorgestellt wird.

In ihrem Roman „Um Reich und Krone“ aus der Reihe „Das Erbe der Tudors“ taucht Philippa Gregory in die turbulente Vergangenheit Schottlands ein. Jede der drei Schwestern Jane, Katherine und Mary Grey möchte die Krone an sich reißen. Nach neun Tagen als Königin wird Jane von Mary entthront und später auf dem Schafott hingerichtet. Dochauch Marys Herrschaft sollte nicht allzu lang dauern: Nur fünf Jahre später ging die Krone an Elisabeth I. über.

Krimifans, die eine besondere Neigung zu Schottland gehen, freuen sich über die Hamish-Macbeth-Reihe der schottischen Schriftstellerin M.C. Beaton. Mit viel Pep und Elan erzählt sie die Abenteuer des Police Constable Hamish Macbeth, der es immer wieder mit mysteriösen Todesfällen zu tun bekommt.

Und nun, im April 2024, habe ich meinen Debutroman als Hörbuch auf Audible veröffenlicht: Riding Towards Shadows. Mit diesem Buch und der Reise auf dem Motorrad nach Glasgow hat alles angefangen…

Hörprobe gefällig? Kein Problem!

Augen zu – Ohren auf

Mein erstes Audiobuch ist da

Oh Mann, wie habe ich das unterschätzt!

Fein, dachte ich. Ich produziere mal ein Hörbuch. Geht ja über Amazon und Audible, wenn man in den Vereinigten Staaten oder dem Vereinigten Königreich wohnt. Und deshalb muste es auch eines meiner englischen Bücher sein. „Scotland For Quiet Moments“ kam nicht in Frage, ein Reiseführer taugt nicht als Hörbuch. Mit „Shadows over Skiary“ war ich noch nicht so weit. Die Korrekturphase zog sich. Also mein erster Roman, dachte ich und postete „Riding Towards Shadows“ als Royalty-Share Angebot für Sprecher. Das ist ein Deal, bei dem man als Autor keine Kosten hat und sich dafür die Tantiemen mit dem Sprecher oder der Sprecherin teilt.

Blauäugig im Quadrat Nr 1

Zugegeben, ich bin etwas blauäugig an die ganze Sache rangegangen und habe mich nicht wirklich tief eingelesen. Sonst wäre mir bewusst gewesen, wie eng und wichtig die Verbindung zwischen Sprecherin und Autorin werden wird. Ich suchte nach einer Frauenstimme mit einem Glasgower Akzent und fand bald eine. Sehr nett, sehr Glasgow aber leider auch sehr neu im Geschäft. Ich hatte über Monate Geduld, zog aber dann Ende März die Reißleine. Erstaunlicherweise zur Erleichterung der Sprecherin, die schnell bemerkt hatte, dass es bei ACX nicht nur ums Sprechen, sondern ums Produzieren geht. Und Tonschnitt und Aufnahmetechnik ist nicht jederfraus Sache. Ich war als wieder am Anfang, oder wie man im Englischen sagt: Back to square one.

Casting, die Zweite

Ich eröffnete das Casting erneut und hatte schnell drei vielversprechende Kandidatinnen, von denen eine offensichtlich ebenfalls keine Erfahrung in der Hörbuchproduktion hatte, die andere wollte ein Produktionshonorar zusätzlich zu den Tantiemen. Nur die dritte, die reichte eine blitzsaubere Sprechprobe ein und fing an zu produzieren, sobald sie den Zuschlag erhalten hatte. Was soll ich sagen. Frances Butt war der größte Glücksgriff, den ich machen konnte. Ihre wunderbare Stimme ist das, was alle hören, die sich das Audiobook gönnen. Aber ich kam in den Genuss ihrer Professionalität, Schnelligkeit und Erfahrung und das war so wichtig auf dem Weg zu meinem ersten Hörbuch. Ich bin ein großer Fan von ihr. Und nicht nur ich!

Hört mal!

Wer gut genug Englisch spricht, um ein Hörbuch zu verstehen, kann diesen Link benutzen, um sich fünf Minuten daraus anzuhören. Promo Codes habe ich auch, doch leider nur für Menschen mit einem Amazon/Audible Account in US und UK. Deshalb packe ich die gar nicht erst hier dazu. 

I’m in love with my own book

Ich freue mich wahnsinnig, dass das Audiobuch jetzt auf dem Markt ist. Es ging so schnell, dass es mich etwas überrascht hat und ich nun ganz schön was zu tun habe mit Marketing und Distribution. Also habt etwas Geduld mit mir, folgt mir auf LinkedIn, Instagram oder Facebook für mehr Neuigkeiten und lasst mich wissen, wie Euch die Leseprobe gefallen hat. 

Und darum geht es in “Riding Towards Shadows”

Sie begab sich auf eine schmerzhafte Odyssee zu Europas ältesten Ein-Prozent-Motorradclubs. Trotz ihrer erfolgreichen Karriere als Journalistin breitete sich in ihr eine nagende Leere aus, als sie die Mitte des Lebens erreichte. Ein Problem, das zwei quälende Jahrzehnte lang ungelöst geblieben war, eine eindringliche Erinnerung an die frühen 1990er Jahre in Glasgow, Schottland, und an den Mann, den sie nie vergaß. kamen wieder in ihr hoch. Es war Zeit, dem Biker den Abschied zu geben, den er nie erhalten hat, und sich den Schatten ihrer Vergangenheit zu stellen. Sie war ihre ganze Jugend lang unter Bikern gewesen, aber das Leben hatte sie woanders hingeführt. Es war Zeit zurückzukehren und zu sich selbst zu finden. Ihre Harley-Davidson trug sie auf einer langen Reise nach Norden durch das Herz der Dunkelheit.

Ihr Streben nach Emanzipation, ihre unerschütterliche Entschlossenheit, sich den erdrückenden Zwängen zu widersetzen, die Stereotypen Frauen auferlegen, ihre schmerzhafte Rebellion ware eine sehr weibliche Version von „Easy Rider“.

„Riding Towards Shadows“ – ein Roadmovie voller Blut und Tränen. Eine Frau, die versucht, ihren Platz unter Rockern und Outlaws zu finden, einer Welt, in die sie eigentlich nicht gehören sollte, der Blue Angels MC in Glasgow.

Easy Rider trifft Thelma and Louise

Goonie Day

Ich bin nicht die Einzige, die manchmal keine Lust hat, sich anzuziehen und lieber den ganzen Tag im Bademantel abhängt. Hier ist das ein durchaus bekanntes Phänomen, man nennt es einen goonie day, das Wort ist die Verniedlichung von dressing gown, dem Bade- oder Morgenmantel. Das würde ja nicht annähern so gut klingen, so ein dressing gown day. Gehört habe ich allerdings von den dressing down days. Das sind die Freitage ohne Krawatte, aber die trägt man hier ohnehin nur zu Beerdigungen. Also die Krawatten, nicht die Bademäntel!

Zurück zum Thema. Ich habe also einen dieser goonie days und nach einer Weile, spätestens im Laufe des Nachmittags, wäre man durchaus bereit, sich anzuziehen. Doch dann kann man ja nicht mehr. Man hat ja einen goonie day und kann nicht so einfach wieder in einen normalen Rhythmus zurück. Das ist dann Germanischer Starrsinn, schätze ich. Einmal entschieden, muss man das durchziehen. Sei’s drum.

Ich hänge also den ganzen Tag im Morgenmantel ab, ich lesen, schaue eine Serie, lackiere die Fußnägel, so ein Zeug. Es ist Sonntag und das Wetter ist schlecht. Was sollte man sonst anfangen? Denn eins ist mal klar, sobald man die Entscheidung für den Morgenmantel und gegen ordentliche Kleidung getroffen hat, ist man gleich viel entspannter. Wer einen Morgenmantel trägt, ist relaxed. Der Mann trägt es mit Fassung.

Gegen Abend wird das dann allerdings eine Herausforderung. Ich koche und Bademantel mit Küchenschürze zusammen sehen weder entspannt noch relaxed aus. Ich koche trotzdem fröhlich vor mich hin und verlasse die Küche auf der Suche nach Kartoffeln, die ich anderswo lagere. Keine fünf Sekunden später höre ich den Mann rufe.

„Da ist Andy. Er steht vor der Tür.“

Damit meint er Andy von der Fischfarm und die Küchentür, zu der hier alle rein und rausgehen. Die Haustür benutzen wir nicht. Ich habe inzwischen das Bügelbrett und den Wäscheständer von innen drangehängt. Kommt ja eh keiner rein. Aber Andy an der Küchentür?

ARRGL!

Da stand ich vor fünf Sekunden noch in meinem Morgenmantel-Schürzen-Outfit. Die Küche ist hell erleuchtet und die Tür ist in der oberen Hälfte aus Glas. Ich stand also wie auf einer Bühne für jeden, der auf dem Grundstück war. In diesem Fall Andy.

OMG!

Ich schlage innerlich beide Hände vors Gesicht und rase errötend ins Schlafzimmer, nicht ohne dem Mann zuzurufen, dass ich nicht an die Tür kann. Der denkt natürlich überhaupt nicht mehr an meinen Bademantel-Tag und brummt vor sich hin, weil er nun seinen Computer verlassen und sich kümmern muss.

Ich höre die beiden Männer in der Küche murmeln, während ich alles von mir werfe und in meine Jeans hüpfe. Pullover drüber, geht auch mal ohne Socken, aber ein Haargummi brauche ich, meine Haare haben auch einen goonie day.

Sogleich rase ich in Richtung Küche. Da steht der Mann, ohne Andy und hält ein wenig ratlos aber erfreut einen riesigen Fisch in der Hand. Meine Augen fragen stumm.

„Er ist wieder weg“, sagt der Mann.

Soweit kann ich mithalten. Mich interessiert eher das tote Tier in seiner Hand. Wortlos zeige ich drauf.

„Lachs“, sagt der Mann. „Für uns.“

Er meint wohl eher für sich, weil ich inzwischen Tiere nur noch in Ausnahmefällen esse.

Ich nicke und greife nach dem größten Backblech, das wir haben. Der Lachs ist größer, aber diagonal passt er einigermaßen drauf. Wirklich sehr lieb von den fish farm boys, an uns zu denken.

„Okay“, sage ich. „Ich bereite ihn gerne für dich zu. Aber filetieren kann ich ihn nicht.“

Die Vorstellung, ein Messer in einen Tierleib zu stoßen, lässt mich schaudern. Nie!

Ich fahre mit dem Kochen fort und versuche nicht nach dem toten Fisch zu sehen, der da in unsere Küche liegt. Nach einer Weile lege ich ein Küchentuch über ihn. Die Krimiautorin kann keine Tierleichen sehen! Der Mann surft inzwischen durchs Internet und schaut auf YouTube Filettiervideos. Ja, gibt es.

Nach dem Essen filetiert er den Lachs und ich friere die Tranchen ein. Die Reste trägt er runter an den Strand. Die Möwen werden sich freuen. Ich schreibe derweil der Fischfrau einen WhatsApp, die einmal die Woche mit dem Transporter unterwegs ist und frischen Fisch verkauft. Nett, neutral und ohne Köpfe, gekühlt in weißen Wannen. Fürs erste braucht sie nicht mehr bei uns halten.

Wir haben einen Lachs. Und wir haben die Leichenteile fein säuberlich in die Gefriertruhe gepackt.

Abenteuer Highlands 3 – Ja hört das denn nie auf!

Nach den ersten Erfahrungen mit den Highlands habe ich das erste Buch geschrieben: Abenteuer Highlands – mein etwas anderes Leben im schottischen Hochland. Damals noch ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es vielleicht mehrere geben könnte. 

Die Jahre gingen ins Land und die Abenteuer wurden nicht weniger. Deshalb, und weil ich immer wieder gefragt wurde, ob es nicht bald einen zweiten Teil von Abenteuer Highlands gäbe, habe ich ihn geschrieben. Abenteuer Highlands 2.0 – zwischen Schwarzwald und Schottland – alles, was ein Doppelleben in zwei Ländern aufregend und erzählenswert macht. 

Nun ist Abenteuer Highlands offiziell eine Serie und der nächste Band Abenteuer Highlands 3 – Ja hört das denn nie auf! seit Oktober 2023 als Taschenbuch und eBook bei Amazon verfügbar. 

Nellie Merthe Erkenbach

Kintyre sehen und sterben

cruise ship Campbelltown @nme Abenteuer Highlands

Es ist das letzte Wochenende, bevor ich wieder nach abfahre. Wir haben Juni 2022, die Sonne lacht und die Welt ist schön, mal abgesehen von der Tatsache, dass ich meiner schottischen Heimat in wenigen Tagen bye-bye sage und wieder nach Deutschland zurückkehre. Der stete Wechsel zwischen Schottland uns Schwarzwald gelingt uns meist gut, aber ein wenig Traurigkeit schwingt mit. Deshalb machen wir einen gemeinsamen Wochenendausflug nach Kintyre.

Palmen Campbelltown @nme Abenteuer Highlands

Die Halbinsel ist ein gutes Stück weiter südlich von uns, liegt aber ebenfalls an der Westküste und dort gibt es ein paar Friedhöfe, die ich gerne besuchen würde. Außerdem waren wir beide schon eine kleine Ewigkeit nicht mehr in Argyll und freuen uns auf landschaftliche Highlights und ein erstklassiges Essen im örtlichen Restaurant. Und genau das tun wir, wir „arbeiten“ uns an der Westküste von Friedhof zu Friedhof, bewundern in Campbelltown das Marktkreuz, an dem allen Beerdigungen vorbei müssen, bevor der Sarg zum Friedhof gebracht wird, und gehen am Pier in einen süßes kleines Kaffee. Der Kuchen sieht kalorienreich aus und wir entscheiden uns für Toasties und Scones. Ich brauche einen Kaffee.

Scones Campbelltown @nme Abenteuer Highlands

„Er will einen Cappuccino, ich nehme eine Latte bitte“, bestelle ich am Tresen.

Die junge Frau sieht mich fragend an. E gibt nur Kaffee, mit Milch, mit Zucker, mit beidem oder ohne. Wir nehmen Kaffee mit Milch. Lustig. Wie in den Neunzigern.

Das Wetter ist atemberaubend schön. Ein starker Wind an der Grenze zum Sturm hat alle Wolken weggeblasen. Der Himmel ist von klarstem blau und die See maledivenfarben. Schottland von seiner schönsten Seite. Wir stehen and den steinernen Fußspuren des Heiligen Columba. Auch er kam über das Meer. Ich wette bei schlechterem Wetter.

Weißwein Restaurant Tartbert @nme Abenteuer Highlands

Am Abend im Restaurant lassen wir es uns gut gehen. Mein Lieblingswein ist auf der Karte und wir köpfen eine nach unserem Aperol Spritz. Danach geht es ins Pub, wo jeder mit jedem spricht, Einheimische, Leute von den Booten, die im Hafen liegen, Personal. Egal.

Bier vor Pub Tarbert bei Nacht @nme Abenteuer Highlands

Zurück im Hotel ist mir schlecht, mein Magen rebelliert. Ich kann nicht schlafen. Mir ist so elend und es wird auch am Morgen nicht besser. Das B&B bringt ein Frühstückstablett ans Zimmer. Ich kann nichts essen. Ich will sterben! Wann hatte ich das letzte Mal einen derartigen Kater. Muss noch in Studentenzeiten gewesen sein. Normalerweise wird es im Laufe des Tages besser, doch nicht hier. Im Gegenteil. Mir ist übel, mir ist heiß und alles tut mir weh. Als wir endlich zuhause sind, gehe ich direkt ins Bett. Mein Ego aber hat einen schweren Schlag erlitten.

Kann ich jetzt nicht mal mehr Party, ohne gleich komplett zu schwächeln? Der Mann ist auch ein wenig angeschlagen aber nichts im Vergleich zu mir und es wird einfach nicht besser. Das muss der schlimmste Kater meines Lebens sein.

Am nächsten Morgen geht es mir noch schlechter.

„Da stimmt was nicht“, sagt der Mann besorgt. „Das ist kein Kater.“

Ich mache einen COVID Test und stelle fest, dass er recht hat. Es ist kein Kater. Es ist COVID. Jetzt hat es mich also auch erwischt. Trotz Impfungen und Booster. Mir geht es elend, aber ich bin auch sehr erleichtert: Mein Ego hatte gelitten, aber ich bin ja gar kein Weichei, ich hab nur das Virus.

Abenteuer Highlands 3 – Ja hört das denn nie auf!

Nach den ersten Erfahrungen mit den Highlands habe ich das erste Buch geschrieben: Abenteuer Highlands – mein etwas anderes Leben im schottischen Hochland. Damals noch ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es vielleicht mehrere geben könnte. 

Die Jahre gingen ins Land und die Abenteuer wurden nicht weniger. Deshalb, und weil ich immer wieder gefragt wurde, ob es nicht bald einen zweiten Teil von Abenteuer Highlands gäbe, habe ich ihn geschrieben. Abenteuer Highlands 2.0 – zwischen Schwarzwald und Schottland – alles, was ein Doppelleben in zwei Ländern aufregend und erzählenswert macht. 

Nun ist Abenteuer Highlands offiziell eine Serie und der nächste Band Abenteuer Highlands 3 – Ja hört das denn nie auf! seit Oktober 2023 als Taschenbuch und eBook bei Amazon verfügbar. 

Nellie Merthe Erkenbach

Nachtigall ick hör‘ dir trapsen!

Eines Tages werde ich über die Kontaktmail meines Blogs Abenteuer Highlands von einer Agentur kontaktiert, die für Audible Werbung und Social Seeding machte, ob ich Interesse hätte auf die Schottland-Audio-Books im Angebot hinzuweisen. Das ist das erste Mal, dass ich wegen Sponsored Content angesprochen werde. Ich sage zu, schließlich haben meine Leser ein echtes Interesse an Schottland. Da ist vielleicht das ein oder andere Hörbuch dabei, das sie nicht kennen. Ich finde es selbst ganz spannend, was da so auf dem Markt ist und ich weiß natürlich, wie sehr diese Sparte boomt.

Ich selbst bin kein Fan von Hörbüchern. Stimmen lenken mich zu sehr ab, es gibt welche, die ich mag und solche, die ich nicht mag. Denen würde ich nie länger zuhören. Vielleicht liegt es daran, dass ich in meinem Beruf selbst vertone und mit meiner Stimme arbeitet. Man ist viel zu sensibilisiert für falsche Modulationen oder eine misslungene Mischung. Wahrscheinlich erinnern mich Hörbücher zu sehr an die Arbeit. Ich bin regelrecht genervt, wenn ein Hörbuch-Regisseur ein Geräusche-Festival veranstaltet in dem Glauben, das Produkt dadurch authentischer zu machen.

Aber es gibt Stimmen, denen könnte ich stundenlang zuhören. Elmar Gunsch, zum Beispiel, mit dem ich in den frühen Tagen meiner Karriere beruflich zu tun hatte. Ich hatte jedes Mal das Gefühl, es ist Weihnachten, wenn ich mit ihm sprach, sah Tannenbäume, Lichterketten und Adventskränze vor mir auf dem Tisch und am Telefon war er ein wahres Fest.

Aber ich schweife ab, ich wollte von Hörbüchern erzählen. Dieses Gefühl, mit einem Buch in der Hand im Lesesessel zu sitzen, eine Kerze brennt oder sogar der Kaminofen und neben mir steht eine Tasse Kaffee, das kann kein Hörbuch bei mir erzeugen, weil es mich mobil macht. Mit meinem Blootooth Kopfhörer kann ich überall hingehen, während ich zuhöre oder im Auto einmal quer durch Europa fahren, wenn mir danach ist. Und genau das ist das Problem. Hört man nur zu, dann ist man versucht, nebenher andere Dinge zu tun, was ja im Prinzip nichts Schlechtes ist, aber es nimmt dem Text die Wertigkeit.

Ich mag das Gefühl, ein Buch in der Hand zu halten und die Seiten umzublättern, mich in der Welt darin zu verlieren und erst wieder aufzutauchen, wenn ich Hunger habe oder mein Telefon klingelt. Nellie in Narnia, sozusagen. Das kann ich nur mit einem Buch.

Trotz dieser sicher sehr subjektiven Sicht der Dinge, gibt es viele Gründe für Hörbücher. Für Menschen mit einer Sehschwäche, für ebenso lange wie langweilige Reisen, für Personen mit wenig Platz für Bücher oder einer Leseschwäche. Und natürlich für die, und ich denke das ist die größte Gruppe, die Stimmen im Ohr einfach mögen.

Nellie Merthe Erkenbach liest das Kapitel „Der Dorfladen“ aus Schatten über Skiary

Nun werde ich erneut kontaktiert. Diesmal geht es darum, ob ich nicht Interesse habe, meine Bücher als Hörbuch zu veröffentlichen. Eine junge Schweizerin hatte mir geschrieben, die wie ich eine Leidenschaft für Schottland hat. Sie findet, dass Schatten über Skiary ein exzellentes Hörbuch abgeben würde. Hm, denke ich. Möglicherweise hat sie Recht.

„Klingt interessant“, schreibe ich ihr. „Lass uns reden.“

Ein paar Tage später habe ich einen Zoomcall mit dem Chef des Tonstudios, der die Hörbücher managte. Wir tauschten uns aus und ich bin sehr angetan von dem Plan. Zwischenzeitlich habe ich recherchiert, dass Amazon das auch anbietet: Dort wird man wird an ein Studio vermittelt, die produzieren und stellen es bei Audible ein, die Autoren bekommen Tantiemen.

Das Schweizer Angebot ist ähnlich, der Tantiemen Anteil etwas geringer, aber dafür sind die Ausspielwege breiter gefächert. Das Hörbuch wäre dann über mehr als nur eine Plattform erhältlich. Klingt beides gut, finde ich. Meine Präferenz liegt bei den Schweizern, da war der Kontakt bereits da und ich gebe gerne jungen Menschen eine Chance, die Initiative ergreifen. Nur leider bleibt es bei dem einmaligen Kontakt. Meiner Bitte, mir eine Hörprobe zu schicken, will man gerne nachkommen. Ich möge mich ein paar Tage gedulden. Wochen gehen ins Land und ich höre nichts mehr von den Hörbuchproduzenten. Ich werde es wohl doch über Amazon angehen.

Highland Crime Band 2: Im Dunkel von Skye

Ich habe ein Leben lang leidenschaftlich gerne Krimis gelesen und 2021 meinen ersten geschrieben: Schatten über Skiary, Band 1 der Highland Crime Serie um DI Robert Campbell und die deutschen Übersetzerin Isabel Hartmann. Der Krimi spielt in Glenelg und an einem der abgelegensten Orte Lochabers – Skiary.

In Band 2 finden die Ermittlungen auf der Isle of Skye statt.

DI Robert Campbell genießt seinen Motorrad-Urlaub an der schottischen Westküste. Übersetzerin Isabel, Issy, Hartmann ist auf der Insel Skye, um Gälisch zu lernen. Am Sabhal Mòr Ostaig College stößt sie unvermittelt auf einen ungeklärten Todesfall.

Starb die Studentin wirklich eines natürlichen Todes? Issy hat ihre Zweifel und stellt Nachforschungen an. Wer im Sprachkurs könnte ein Motiv gehabt haben? Und wie war es gelungen, die Tat zu verschleiern?

Weil Isabel Hartmann ihn um Hilfe bittet, nimmt sich DI Robert Hartmann inoffiziell des Falls an. Doch dann gibt es einen weiteren Toten, der offensichtlich mit den ursprünglichen Ermittlungen in Verbindung steht. Unvermittelt wird Isabel von der Hobbydetektivin zu einer Verdächtigen.

Tod der Prinzessin und ihrem ungeborenen Kind

Schottland hat über die Jahrhunderte viele starke und beeindruckende Frauen hervorgebracht. Ich stoße immer wieder auf sie und freue mich jedes Mal aufs neue, wenn Frauen in der Geschichte Spuren hinterlassen haben. Die gilt es zu bewahren.

old gravestone Aberlady @nme Abenteuer Highlands

Viele grausame und frauenfeindliche Geschichten werden aus vergangenen Zeiten erzählt. Die Geschichte von Theneu scheint besonders entsetzlich. Ein Vater, der versucht, seine schwangere Tochter zu töten. Er scheitert, versucht es erneut und sie entbindet schließlich allein auf einem Boot in der Nordsee. Normalerweise konzentriert sich die Geschichte entweder auf den Vater, denn er war Loth, ein mächtiger König oder auf den Sohn, den sie gebar: St. Kentigern of Glasgow. Aber was war mit ihr? Von ihrem Vater misshandelt, vom Vater ihres Kindes verlassen, allein in einem Boot bei der Geburt – diese Prinzessin hatte gewiss kein Märchenleben.

Gehen wir zurück ins sechste Jahrhundert und zu der Frage, wer das Kind gezeugt hat.

kull and crossbones old gravestone Aberlady @nme Abenteuer Highlands

Theneu war die Tochter von Loth, einem piktischen König, der einen Teil Lothians regierte. Nach dem Abzug der Römer blieben die Pikten nicht nur innerhalb der Grenzen ihrer eigenen Provinz, sondern ließen sich in verschiedenen Teilen von Alba nieder.

Über seinen Vater ist überhaupt wenig bekannt. Der Legende nach war er Eugenius II, König der Schotten. Jedenfalls war der Säugling ein ungewolltes Kind, und kurz vor seiner Geburt ließ sein Großvater, wütend über die Schande seiner Tochter, den grausamen Sitten seines Stammes folgend, sie von der Spitze von Traprain Law werfen in der Hoffnung, dass der Sturz sie umbringen würde. Die Prinzessin entkam jedoch unverletzt und König Loth, der mit dieser Barbarei nicht zufrieden war, befahl, sie nach Aberlady Bay bringen zu lassen und sie in ein mit Fell bedecktes Boot zu setzen, von dem die Ruder entfernt worden waren.

Aberlady grabeyard @nme Abenteuer Highlands

Dieses fragile Fortbewegungsmittel und seine unglückliche Insassin wurden dann weit hinaus aufs Meer geschleppt und ihrem Schicksal überlassen. Der sichere Tod, doch Gott wschte über sie, so heißt es. Anstatt weiter aufs Meer hinausgetrieben zu werden, führten Wind und Gezeiten das kleine Boot um die Isle of May herum, vorbei an Inchkeith und Inchcolm und den Fluss Forth hinauf, bis es sicher am Ufer bei Culross gestrandet war. Während dieser ereignisreichen Reise wurde ein kleiner Junge geboren, der dazu bestimmt war, das Christentum in Schottland neu zu beleben und das Werk von St. Ninian weiterzuführen.

Welchen Dämonen stand Theneu außer ihrem Vater gegenüber? Wie tief sah sie dem Tod in die Augen. Wie verzweifelt und wie allein fühlte sie sich draußen auf dem Meer, ohne das Boot steuern zu können? Und wie viel Schmerz hat sie ertragen? Woher nahm sie die Kraft, dieses Baby und sich selbst am Leben zu erhalten? Die Geschichte sagt es uns nicht. Schade.

boat @nme Abenteuer Highlands

Betrüger-Brüder

Im Gälischen nennt man das Jahr 1745 bliadhna Theàrlaich (sprich: blijanna tscherllich), Charlie’s Jahr. Das bezieht sich auf Charles Edward Stuart und dessen Versuch, 1745 des schottischen Thron zu erobern, den seine Linie verloren hatte. Ein Mann, der Geschichte geschrieben hat, romantische wie tragische. Der gescheiterte Versuch hate brutale Folgen für die gälisch sprechende Bevölkerung der Highlands.  

St Mary's Chapel Eskadale graveyard @nme Nellie Merthe Erkenbach

In Strathglass, einer katholischen Gegend in der die Unterstützung für Bonnie Prince Charlie groß war, findet sich das Grab zweier Brüder, beide vermeintliche Stuarts. Ein stolzes Steinkreuz markiert das Grab von John Sobieski Stuart, auch bekannt als „The Chevalier“, beide Namen sind nicht echt, man könnte sie tatsächlich als seine Künstlernamen bezeichnen, weil er ins Rampenlicht trat, um das zu sein, was jeder schottische Romantiker sehen wollte – ein verlorener Nachkomme des letzten und tragischen schottischen Prinzen. Er war ein Betrüger, genau wie sein Bruder.

Grab des Sobieski Stuart Eskadale @nme Nellie Merhe Erkenbach

John Carter Allen (1795–1872) und Charles Manning Allen (1802–1880) beschlossen eines Tages, sich als Enkel von Bonnie Prince Charlie zu etablieren, und zu behaupteten, der Prinz habe mit seiner deutschen Frau Prinzessin Louise von Stolberg-Gedern in Italien einen heimlichen Sohn gezeugt. Er sei damals 51 und sie 19 gewesen. Dann seien das Kind, der jakobitische Erbe, auf das Schiff des Großvaters gebracht worden. Der Großvater habe daraufhin diesen königlichen Flüchtling adoptiert und ihn als seinen eigenen aufgezogen. Als Söhne dieses Vaters behaupteten die beiden Brüder, verlorene Enkel von Charles Edward Stuart zu sein.

Das Grab der vermeintlichen Stuarts

Dies war natürlich eine komplette Erfindung, aber die Brüder lebten ihre Rolle. In Kilt und Tartan gekleidet durchstreiften sie die Highlands, konvertierten zum Katholizismus und lebten unter dem Schutz jakobitischer Clans wie den Frasers. Der 14. Lord Lovat baute sogar eine Jagdhütte auf einer Insel im Fluss Beauly für die beiden und gewährte ihnen eine letzte Ruhestätte im Kirchhof von St. Mary’s in Eskadale. Ob er ihnen geglaubt hat? Wer weiß, aber er hat sie sicherlich gut behandelt.

Diejenigen, die behaupteten, Charlies Enkel zu sein, gaben bis zum Ende vor, das zu sein, was sie nicht waren – von königlichem Blut. Sie hatten natürlich einen gewissen Einfluss auf ihre Zeit. Die Niederlage von Culloden und die anschließende Unterdrückung der Highlander, hatten blutige Narben in den Herzen aller schottischen Clanmitglieder hinterlassen. Was die Brüder gaben, war Hoffnung. Die Erfüllung der Sehnsucht, dass es noch nicht vorbei war. Nicht für immer verloren. Dass es eines Tages wieder einen Stuart auf dem schottischen Thron geben würde und, was die beiden „Stuarts“ anging, natürlich auch auf dem englischen.

Beide Brüder starben Ende des 19. Jahrhunderts und wurden in Eskadale begraben. Sie hatten mit ihren romantischen Geschichten aus der Vergangenheit ein Tartan-Revival ausgelöst. Nun rühmten sich gar die Grenzclans plötzlich mit einem eigenen Tartan, den sie zuvor nie besessen hatten. Ihnen und dem Vestiarium Scoticum (1842) sind viele der heute existierenden Clan-Tartans ist es zu verdanken.

Nellie Merthe Erkenbach: St Mary’s cemetery Eskadale

Diese und andere Geschichten findet ihr in Schottland für stille Stunden. Das Taschenbuch und auch das eBook gibt es bei Amazon.

Director’s Cut

Ich brauche einen Friseurtermin war vor der Pandemie nur ein problematischer Satz, wenn man einen schnellen oder einen beim Star Coiffeur wollte. Vor der Pandemie war ja bekanntlich vieles anders.

Weil ich während des Lockdowns in den Highlands festsaß und natürlich auch hier keine Friseure aufhatten, waren Alternativen gefragt. In meinem Fall ging es weniger ums Schneiden als ums Färben. Der Haaransatz wird grau, da muss Farbe ran. Für graue Haar bin ich noch lange nicht bereit.

Also prüfe ich die Alternativen und kaufe Farbe. Als ich die Chemischen Zusätze und Gesundheitswarnungen auf der Packung lese, lass ich das lieber und schicke das Produkt zurück. Stattdessen ordere ich Henna, wie früher zu Studentenzeiten. Der Ton ist zwar dann deutlich rötlicher als mein Farbton, aber immer noch besser als grau. Wenn die Welt wieder normal ist, kann es entweder mein Friseur in Deutschland oder einer in Schottland richten. Es muss doch auch in den Highlands einen Friseur geben!

Ich höre mich um und höre von einer Frau, die sich das Handwerk selbst beigebracht hat und zuhause vorbeikommt. Eher nicht, denke ich.

Dann höre ich vom Barber Bothy. Ein Barber ist ja ein Herrenfriseur, aber vielleicht ist er oder sie ja nicht so frauenfeindlich und erbarmt sich. Wo ist der? Einmal über den Berg, zwanzig Minuten von hier? Wäre ideal.

barber bothy @nme Abenteuer Highlands

Beim nächsten Spaziergang schaue ich es mir von außen an. In einem ehemaligen Schafstall steht eine Topfpflanze im Fenster. Über der Tür leuchtet eine Lichterkette. Drinnen ein Holzstuhl und ein Tisch. Vielleicht auch ein Spiegel und ein Wasserkocher. Und nicht, dass wir uns falsch verstehen. Es sieht immer noch aus wie ein Schafstall und nicht wie ein schön umgebauter Schafstall, ein Bothy eben, eine verschrammelte Hütte, keine Designerhütte, mehr als nur ein Touch von basic. Vor der Tür tummelt sich eine Herde Hochlandkühe und hinterlässt frische Spuren.

Eher nicht, denke ich.

Inverness, denke ich. Die Hauptstadt der Highlands. Wenn es irgendwo einen Friseur gibt, der dem von mir gewünschten Standard entspricht, dann da. Ich google und finde einige. Nach Ansicht der Fotos kommt über die Hälfte nicht in Frage. Ich finde zwei, die mir ganz gut gefallen. Die Preise sind saftig, aber sehen wir es mal so, ich habe während der Pandemie ja einige Termine ausfallen lassen. Das Geld habe ich sozusagen gespart und kann es nun wieder ausgeben.

Bei meinem ersten Versuch antwortet eine genervte Stimme. Ja, ich soll einfach vorbei kommen.

„Ich wohne knapp zwei Stunden weg von Inverness. Ich hätte gerne einen Termin. Was, wenn ich komme, und sie haben keine Zeit?“

Ich höre sie förmlich mit den Schultern zucken. Sie antwortet nicht. Ich bedanke mich und lege auf.

Eher nicht, denke ich.

Bleibt meine letzte Chance. Eine hochpreisige Kette mit Salons überall im Vereinigten Königreich. Sehr gut, denke ich. Da gibt es einen Standard. Ich werfe einen Blick auf die Preise, die sich in drei Kategorien gruppieren, Azubi, gelernte Fachkraft und Chef. Letzterer ist natürlich der teuerste. Das sollte er sicherste Weg, sein, denke ich. Es hat gedauert, bis meine Haare die Länge hatten, die sie jetzt haben. Das will ich mir nicht durch einen billigen, aber fatalen Friseurbesuch zunichte machen lassen.

Ich wähle, was ich sonst von aus überlangen Kinofilmen von Steven Spielberg kenne: Director‘s Cut. Sie haben eine Emailadresse auf der Webseite und ich schreibe mein Anliegen mit einem Terminwunsch an einem Samstag. Ich arbeite remote und bei der Fahrzeit kann ich das unter der Woche nicht möglich machen. Ich hoffe, schottische Friseure arbeiten an Samstagen.

Es antwortet eine freundliche Frau, die mir erklärt, dass ich nicht so einfach einen Termin zum Färben machen könne, wenn ich keine Kundin sei.

„Warum nicht?“ schreibe ich verwundert zurück.

„Sie müssen zuerst einen patch test machen. Es geht nicht ohne. Das sind die Vorschriften“, antwortet sie, erklärend, nicht entschuldigend.

Health & safety nehmen sie hier sehr ernst und man darf keinen Ansatz färben, ohne zuerst an einer kleinen Stelle (patch) ausprobiert zu haben (test), ob man möglicherweise allergisch auf einen der Inhaltsstoffe reagiert. Diesen patch test muss man mindestens eine Woche vor dem eigentlichen Termin gemacht haben.

„Ich wohne zwei Stunden entfernt“, schreibe ich. „Ist es nicht möglich, den Test und den Termin an einem Tag zu machen.“

„Tut mir leid, das ist nicht möglich. Wollen Sie dennoch einen Termin?“

Ich will nicht, aber es ist ja nicht so, dass ich jede Menge anderer Optionen hätte. Deshalb sage ich zu, am Samstag vorbeizukommen. So kann ich wenigstens vorher prüfen, wie der Laden wirklich aussieht und wie dort gearbeitet wird. Genau mit den Vorschriften scheinen sie es ja schon mal zu nehmen. Und mit großer Wahrscheinlichkeit steht auch keinen Herde Hochlandrinder vor der Tür.

Der Laden ist schräg gegenüber von Inverness Castle. Gute Lage, Parkplätze sind vorhanden. Damit bin ich schon mal zufrieden. Als ich reinkomme, werde ich freundlich begrüßt, ich schildere mein Anliegen und ein fülliger Mann mit Habitus stellt sich mir vor. Der Chef hält ein kleines Schälchen in der Hand, in dem er die Farbe angerührt hat. Ich soll mich umdrehen und die Haare hochnehmen. Dann tupft er mir mit dem Pinsel etwas davon auf den unteren Haaransatz.

„Das war’s!“

„Das war’s?“

„Das war’s.“

Und schon stehe ich wieder draußen und muss lachen. Für die dreißig Sekunden bin ich den weiten Weg gefahren. Ich beschließe, das mit ein wenig Shopping zu feiern. Außerdem habe ich jetzt einen Termin für den Ansatz.

Vierzehn Tage später bin ich wieder in Inverness und bei „meinem Friseur“. Er begrüßt mich wie eine alte Bekannte. Jetzt, wo ich den Initiationsritus absolviert habe, gehöre ich offensichtlich dazu und stelle fest, dass ein Friseurbesuch in Inverness sich nicht von einem im Schwarzwald unterscheidet. Man bekommt einen Kaffee und jede Menge Tratsch, doch das Wichtigste, man bekommt die Haare gemacht.

Was für ein Unterschied. Der Salon nutzt hochklassige Haarprodukte und ich bin sehr zufrieden. Allerdings kostet das auch eine ziemliche Stange Geld. £145 bin ich los. Um die Haare „auszuführen“, gönne ich mir Lunch in einem Hotel unten am Fluss. Die Sonne scheint und obwohl es Januar ist, ist warm genug, um draußen zu sitzen.

lunch in Inverness @nme Abenteuer Highlands

Ich setze mich an einen Tisch mit Blick aufs Wasser und das River Ness Ufer und bestelle und bezahle über den QR-Code auf dem Tisch mit dem Telefon. Wenig später erreichen mich ein Club Sandwich und ein Lager.

Leben. Bei Steven Spielberg sieht das wahrscheinlich auch nicht viel anders aus.

Abenteuer Highlands 3 – Ja hört das denn nie auf!

Nach den ersten Erfahrungen mit den Highlands habe ich das erste Buch geschrieben: Abenteuer Highlands – mein etwas anderes Leben im schottischen Hochland. Damals noch ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es vielleicht mehrere geben könnte. 

Die Jahre gingen ins Land und die Abenteuer wurden nicht weniger. Deshalb, und weil ich immer wieder gefragt wurde, ob es nicht bald einen zweiten Teil von Abenteuer Highlands gäbe, habe ich ihn geschrieben. Abenteuer Highlands 2.0 – zwischen Schwarzwald und Schottland – alles, was ein Doppelleben in zwei Ländern aufregend und erzählenswert macht. 

Nun ist Abenteuer Highlands offiziell eine Serie und der nächste Band Abenteuer Highlands 3 – Ja hört das denn nie auf! seit Oktober 2023 als Taschenbuch und eBook bei Amazon verfügbar. 

Nellie Merthe Erkenbach